Deutsche Sprache - Leichte Sprache!
Viele Menschen erleben die deutsche Sprache als Barriere in ihrem Alltag – weil sie eine intellektuelle Beeinträchtigung haben, eine schlechte Schulbildung oder eine andere Muttersprache. Das muss nicht sein: Zum Europäischen Tag der Sprachen am 26. September wollen wir auf eine Variante der deutschen Sprache aufmerksam machen, die viele verstehen: die leichte Sprache.
Im Deutschen gibt es eine Standard-Sprache. Das Ziel dieses Standards ist es, das ihn möglichst viele Menschen verstehen. Doch obwohl etwas in Standard-Deutsch geschrieben ist, ist eine Information nicht immer gleich verständlich.
Verstehen Sie Amtsdeutsch?
Betrachten Sie folgenden Satz, wie er in vielen amtlichen Schreiben stehen könnte:
Es wird Ihnen von der Republik Österreich die Erlaubnis für eine Wohnsitznahme in Österreich in einem Bundesland Ihrer Wahl erteilt.
Wenn Sie diesen Satz auch bei schnellem Lesen problemlos verstanden haben, sprechen Sie wahrscheinlich sehr gut Deutsch und haben eine gute Schulbildung. Auf viele Menschen trifft das nicht zu. Fast eine Million Österreicherinnen und Österreicher können einer Studie der OECD zufolge nur schlecht lesen und schreiben. Unser Beispiel in Amtsdeutsch stellt für sie eine große Barriere dar.
Wenn Informationen von Anfang an in leichter Sprache formuliert sind, oder in leichte Sprache übersetzt werden, können viele Menschen Informationen verstehen. Unser Beispiel könnte dann so aussehen:
Sie dürfen in Österreich wohnen.
Das Bundes-Land können Sie sich aussuchen.
Das erlaubt Ihnen die Regierung von Österreich.
Wo liegt der Unterschied?
Im Unterschied zum „Amtsdeutsch“ sind hier die Sätze kurz. In jedem Satz steckt nur eine Information. Lange Wörter werden durch Bindestrich getrennt. Statt Hauptwörtern gibt es Tu-Wörter, welche im Aktiv stehen. Sätze im Passiv gibt es nicht.
Diese Merkmale sind auch in verschiedenen Richtlinien zu finden, die es mittlerweile für leichte Sprache gibt. In Österreich hat sich der Leicht-Lesen-Standard des Unternehmens capito etabliert, in Deutschland das Netzwerk leichte Sprache und auf EU-Ebene gibt es Richtlinien von Inclusion Europe. Einen einheitlichen, verbindlichen Standard gibt es nicht.
Dies liegt auch daran, dass es große Unterschiede bei den Zielgruppen gibt, was die Bedürfnisse aber auch die Verständlichkeit angeht. Ursprünglich wurde die leichte Sprache für Menschen mit Lernschwierigkeiten (intellektueller Beeinträchtigung) entwickelt. Mittlerweile werden Formen der leichten Sprache aber auch für andere Zielgruppen verwendet, wie beispielsweise Menschen mit Migrationshintergrund und schlechten Deutschkenntnissen.
Begriffe die in der einen Zielgruppe verständlich sind, sind es für die andere Zielgruppe nicht. Deshalb ist es zusätzlich zu allen Regelwerken wichtig, die Texte von Menschen dieser Zielgruppe auf ihre Verständigkeit lesen zu lassen.
Unterschiede: Leichte Sprache – Einfache Sprache
Um Texte für möglichst viele Menschen in einer einfacheren Form des Deutschen zugänglich zu machen, setzen viele Organisationen und Medienhäuser auf die sogenannte einfache Sprache. Einfache Sprache behält die eher kurzen Sätze und die übersichtliche Strukturierung der leichten Sprache, ändert aber die Grammatik nicht ab. Beispielsweise werden keine oder weniger Bindestriche in langen Wörtern verwendet. Auch das Passiv ist nicht gänzlich tabu.
Der Kurier, die Austria Presseagentur sowie der ORF veröffentlichen mittlerweile regelmäßig Nachrichten in einfacher Sprache.
Alle profitieren
Von leichter Sprache profitieren aber nicht nur Menschen mit geringeren Lesekenntnissen. Auch Menschen, die Texte gut lesen können, profitieren von leichter Sprache. Denn Texte in leichter Sprache konzentrieren sich auf das Wesentliche und sind neben der Verwendung einfacher Wörter auch übersichtlich gestaltet. Informationen können so auch von guten Leserinnen und Lesern schneller erfasst werden.
So unterschiedlich die Ansätze auch sind: Sie alle sind wichtig, damit Deutsch keine schwere Sprache bleiben muss.